Ungleichbehandlung bei der Unterbringung

Im Vergleich der Unterbringung bzw. Wohnsituation von ukrainischen Geflüchteten und allen anderen Geflüchteten, zeigt sich erneut, wie nicht-weiß und nicht-christlich gelesene Menschen benachteiligt behandelt werden.

Wo und wie lange?

  • Die Unterbringung von Ukrainer*innen erfolgt häufig durch privates Engagement von einzelnen Bürger*innen – im Asylverfahren ist dies gar nicht erst möglich, denn Menschen im Asylverfahren müssen in Landesunterkünften leben.
  • Wenn Ukrainer*innen in Landesunterkünften untergebracht werden, haben sie hier eine durchschnittliche Aufenthaltszeit von ca. 4-6 Wochen. – Im Asylverfahren beträgt die Aufenthaltszeit in Landesunterkünften bis zu 18 Monate, in den Asylverfahren von Menschen aus als sicher erklärten Herkunftsstaaten bis zu 24 Monate, obwohl es Gutachten und wissenschaftliche Erkenntnisse[1] gibt, dass diese Art der Unterbringung psychisch stark belastend ist und krank macht. Das sind nicht zwingend die beschleunigten Verfahren.
  • Queere Geflüchtete ohne ukrainischen Pass werden in Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) untergebracht, in denen sie vielfach massiver Gewalt ausgesetzt sind. Die Prozesse, sie dezentral oder in speziellen Einrichtungen unterzubringen, sind oft langwierig und kräftezehrend. Zudem sind queere Geflüchtete ohne ukrainischen Pass während dieser Prozesse weiterhin der Gewalt in den Unterkünften ausgesetzt, während queere Geflüchtete mit ukrainischen Pass ihren Wohnort frei wählen können, oft in privaten Wohnungen oder bei Bekannten untergebracht sind und dadurch schnell eine Anbindung an Unterstützungsstrukturen für LSBTIQ* möglich ist.

Zwangsverlegung vs. Bevorzugung

  • Um in Landesunterkünften Platz zu schaffen für Ukrainer*innen, wird angeordnet, diese „leerzuziehen“. Das bedeutet, dass die Menschen, die dort zum Teil seit Monaten lebten, plötzlich woanders untergebracht wurden. Personen wurden in andere Landesunterkünfte in anderen Kommunen verteilt. Dies löste bei vielen die folgenden Probleme aus:
    • Teilnahme an Sprachkursen konnte nicht fortgesetzt werden.
    • Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund der aufgezwungenen räumlichen Distanz.
    • Vertrauensbeziehungen mit Berater*innen und medizinischem Personal mussten erneut aufgebaut werden (Menschen mussten ihre teils schwer traumatisierenden Erlebnisse immer wieder neuen, ihnen fremden Menschen berichten).
    • Facharzttermine, auf die teilweise monatelang gewartet wurde, konnten aufgrund der räumlichen Distanz nicht wahrgenommen werden.

Zwangsverlegung

  • Die Zwangsverlegung von Nicht-Ukrainer*innen führte zu höheren Belegungszahlen in den Landesunterkünften, in die sie verschoben wurden. Die höheren Belegungszahlen führten zu folgenden Problemen und eklatanten Missständen:
    • Gewaltschutzkonzepte können nicht umgesetzt werden (z.B. kein eigener Bereich für allein reisende Frauen, kein ausreichender Schutz von weiteren besonders vulnerablen Personengruppen wie z.B. lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, inter*, nicht-binären und queeren Geflüchteten).
    • Hygienekonzepte konnten nicht mehr eingehalten werden, Quarantänebereiche mussten regulär belegt werden.
    • Familien wurden getrennt (in unterschiedlichen Zimmern untergebracht).
    • Das „schulnahe Angebot“ für Kinder in Landesunterkünften wurde kaum oder nur schlecht umgesetzt, während ukrainische Kinder regulär die Schule besuchen können (mehr dazu im Anhang „Bildung“).
    • Etliche Menschen, die zwangsverlegt wurden, hätten eine Bleibeperspektive gehabt. Um von Bleibeperspektiven zu erfahren und sie dann einfordern zu können, ist die Beratungsarbeit entscheidend. Überhaupt erstmal Beratung in Anspruch zu nehmen, bedarf eines Vertrauensaufbaus, der Zeit benötigt. Durch die Zwangsverlegung von Geflüchteten wurden aber Kontaktabbrüche in der Beratung forciert. Hierdurch gelangten Menschen nicht an die Informationen, die sie gebraucht hätten. Durch die Zwangsverlegung von Geflüchteten wurden aufgrund der oben genannten Punkte ganze Asylverfahren riskiert.

[1] Ziersch A, Due C (2018) A mixed methods systematic review of studies examining the relationship between housing and health for people from refugee and asylum seeking backgrounds. Soc Sci Med 213:199–219

Forderungen

  • Dezentrale Unterbringung von Geflüchteten.
  • Reduzierung der maximalen Aufenthaltszeiten von Geflüchteten in Landesunterkünften auf ein absolutes Minimum.
  • Dezentrale Unterbringung auch in den Kommunen fördern.
  • Berücksichtigung individueller Faktoren bei der Zuweisung in eine Kommune, wie z.B. Anbindung an Fachberatungsstellen, soziale Netzwerke wie Familie und Freund*innen und weitere integrative Faktoren.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte prüfen Sie die Details und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.