Das Recht auf Bildung ist bereits seit 1948 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) enthalten und wurde seither immer weiter ausdifferenziert. Es gilt als Schlüssel für den Zugang zu weiteren Menschenrechten. Denn Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für die aktive politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe an Gesellschaft. Das Menschenrecht auf Bildung ist die Grundlage dafür, dass Menschen ihre Rechte kennen und aktiv ausüben oder einfordern können. Derzeit werden geflüchteten Kindern und jungen Menschen, die nicht aus der Ukraine geflüchtet sind, diese Bildungschancen systematisch verwehrt.
1. Schule
Insbesondere für Kinder ist der Zugang zu Bildung von höchster Bedeutung, denn in jungen Jahren werden die Grundsteine für das Lernen und die Wissensbildung gelegt. Umso dramatischer ist die Ungleichbehandlung von geflüchteten Kindern zu bewerten.
- Während für Kinder mit ukrainischem Pass die Schulpflicht gilt, haben andere geflüchtete Kinder kein Recht auf den Besuch einer Schule.
- Während in einer Schule verschiedene Schulfächer von explizit ausgebildeten Lehrkräften unterrichtet werden, werden nicht-ukrainische Kinder im “schulnahen Angebot” von 1-3 Lehrkräften unterrichtet, die für alle Schulfächer zuständig sein sollen. Hier besteht dementsprechend ein enormer Qualitätsunterschied.
- Die wöchentliche Dauer der Regelbeschulung und des „schulnahen Angebots“ unterscheiden sich stark. Nicht-ukrainische Kinder erhalten wesentlich weniger Zeit zum angeleiteten Lernen als ukrainische Kinder.
- Ein „schulnahes Angebot“ ist kein regulärer Schulbetrieb mit der Erfahrung, in ein Schulgebäude zu gehen, in einem Klassenverband zu lernen und Freund*innen zu finden – nicht-ukrainischen Kindern wird dies verwehrt.
- Das “schulnahe Angebot” ist auch deswegen problematisch, weil Unterkünfte als Lernumgebung nicht geeignet sind – es ist laut, zu viele Menschen stören beim Lernen. Und immer wieder entstehen in diesem prekären Lebensumfeld (re-)traumatisierende Situationen, wenn es zu Gewalt in der Unterkunft kommt, wenn sich dort auch psychisch erkrankte Menschen aufhalten und sich auffällig verhalten oder wenn Kinder die Abschiebungen anderer Bewohner*innen (und ihren Kindern) miterleben müssen.
- Die Verhinderung des regulären Schulbesuchs für nicht-ukrainische Kinder ist eine strukturelle Benachteiligung, die mit der Unterbringung in einer Landesunterkunft einhergeht. Kinder sind nicht selbstverschuldet in diese Situation gelangt.
- Der mangelnde Zugang zu Bildung hat langfristige Folgen und kann zudem rassistische Ressentiments scheinbar bestärken, wenn Menschen rassistischen Zuschreibungen wie Ungebildetheit und Faulheit anhängen und sich langfristig darin bestätigt sehen, dies aber dadurch ausgelöst wurde, dass Kindern der Zugang zu Bildung systematisch verwehrt wurde.